publiziert in Basler Zeitung, 19. März 2015

Die Klimaziele der Länder sind rot (steigend) und grün (sinkend) markiert. Die Kreise repräsentieren die Bevölkerung der Länder im Jahr 2010.

Die Klimaziele der Länder sind rot (steigend) und grün (sinkend) markiert. Die Kreise repräsentieren die Bevölkerung der Länder im Jahr 2010.

Die beste Energie sei diejenige, die wir nicht verbrauchen. Mit diesem Slogan versucht unsere Energieministerin die Energiewende und die Klimaziele unter einen Hut zu bringen. Der Satz ist so sinnvoll wie: Der beste Atemzug ist derjenige, den wir nicht machen. Wer solche Sätze mantrahaft wiederholt, stellt entweder seine Existenz in Frage, oder er hat nichts von Wirtschaft und schon gar nichts von Physik begriffen. Ein wichtiger Indikator des Wohlstand eines Landes ist sein Bruttoinlandprodukt. Dazu braucht es eine funktionierende Wirtschaft die mit Energie versorgt wird. Energie ist ein unerlässlicher Produktionsfaktor der Wirtschaft, sie ist die Atemluft, ohne die gar nichts läuft. Ein Verzicht auf den Gebrauch von Energie ist ganz einfach ein Verzicht auf Wirtschaft und Wohlstand. Wenn man diesen Spruch schon gebrauchen will, dann aber richtig. Er sollte heissen: Die beste Energie ist diejenige, die man nicht vergeudet. Genau dort ist anzusetzen. Der effiziente Gebrauch von Energie verschafft Wettbewerbsvorteile. Das ist schlicht ökonomisches handeln. Dazu braucht es kein Eingriff der Politik. Schon gar nicht, indem man Energie zusätzlich besteuert oder versucht mittels Lenkungsabgaben eine künstliche Umverteilung zu bewirken.

Leicht reden haben Branchen und Länder die keine Güter produzieren, sondern nur Dienstleistungen anbieten. Die brauchen tatsächlich wenig Strom, Diesel und Benzin. Die Produktion wird ausgelagert und die Güter importiert. Das senkt den Energieverbrauch vor Ort, ist aber keine ehrliche Effizienzsteigerung. Wer die Güterproduktion ins Ausland verlagert kann natürlich Sprüche klopfen wie: Unser Wirtschaftswachstum hat sich vom Energiekonsum abgekoppelt. Die Schweiz ist ein vorzügliches Beispiel. 

Energie nicht vergeuden heisst Energieumwandlungsmethoden einzusetzen, welche einen hohen EROI haben. EROI ist das Kürzel für Energy returned on energy invested, also das Verhältnis von nutzbarer Energie zur Energie die man zur Gewinnung hineinstecken muss. Je grösser das Verhältnis ist, desto effizienter ist das System. Diese Verhältnisse lassen sich wissenschaftlich ermitteln. Die effizientesten Systeme sind Kernenergie und Wasserkraft, gefolgt von Kohle und Gas. Weit abgeschlagen sind Wind, Sonne und Biomasse. Wir haben das Glück über günstige Verhältnise zur Nutzung der Wasserkraft zu verfügen. Mit dem Bau der Kernkraftwerke sind wir auch der damals noch geltenden Vernunft gefolgt. Dass wir nun mit den tiefsten CO2-Emissionen aller Industrieländer vorbildlich dastehen, haben wir diesen beiden Umständen zu verdanken und nicht irgendwelchen Lenkungsmassnahmen. 

78% der Weltbevölkerung lebt in Ländern mit einem pro Kopf BIP kleiner als 10’000 US Dollars. In diesen Ländern hat das Streben nach höherem Wohlstand einen grösseren Stellenwert als eine Reduktion der Treibhausgase. Mit CO2-Reduktions-Massnahmen die sich die grosse Mehrheit der Weltbevölkerung nicht leisten kann, haben die Ziele der Schweiz keine Vorbildsfunktion. Die meisten unserer Massnahmen zur Treibhausgasreduktion machen für die Mehrheit der Weltgemeinschaft gar keinen Sinn und sind nicht exportierbar. So ist zum Beispiel das Bauen im Minergiestandard bei uns sinnvoll, wenn für den Eigentümer ein ökonomischer Vorteil resultiert. Für die Klimafrage bleibt es irrelevant. Es hätte auch keinen messbaren Einfluss auf das Klima, wenn die Schweiz vollständig von der Erdoberfläche verschwinden würde. Wirkungsvolle Reduktionsmassnahmen sind zum Beispiel der Ersatz von Kohle- durch Gaskraftwerke wie in den USA, oder ein Ausbau der Kernenergie wie in China, der ab 2030 seine Wirkung zeigen soll. Beide Massnahmen verschaffen diesen Ländern volkswirtschafltiche Vorteile. Bei bereits vorbildlichen Werten tendieren die Kosten einer Treibhausgasreduktion gegenüber dem Nutzen aber ins Unendliche und verursachen nichts als Wettbewerbsnachteile. Solidarisch wäre der Export energieeffizienter und erschwinglicher Maschinen.

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AuthorMarkus Häring