publiziert in Basler Zeitung, 13. März 2015

Was an der Klimakonferenz im Dezember in Paris beschlossen werden soll, ist entweder zutiefst unsozial und menschenverachtend oder ein Aufruf zum Ausbau der Kernkraft. Die Schweiz will dort aber eine Vorreiterrolle spielen. Es sollen Ziele für die Reduktion von Treibhausgasen beschlossen werden, welche für jedes Land einschneidende Folgen hat. Die Ziele können atomstromfrei nur erreicht werden, wenn man beschliesst einer grossen Mehrheit der Menschheit den Schritt zu einem einigermassen menschenwürdigen Wohlstand zu verwehren. Wohlstand ist untrennbar mit Versorgungssicherheit verbunden, genauso wie Armut die Folge von Mangel ist.  Das gilt genauso für Energie. Der Weg aus der Armut führt nur über den Aufbau lokaler Wirtschaftsleistung. Aufstrebende Länder brauchen dazu Energie. Und zwar solche, die sie sich leisten können. Das sind zunächst Kohle, Öl und Gas und nicht etwa Sonne und Wind. Das können nur wir uns subventionieren.

China hat zwar das grösste Windkraftwerkprogramm der Welt. Bis 2040 soll sich der Windstromanteil verdreifachen. In der gleichen Zeit soll sich die Kernkraft aber um das Vierzehnfache erhöhen. Zuverlässige Bandlast ist für den Aufbau einer Wirtschaft einfach viel wertvoller.

Indien wird China in wenigen Jahren als das bevölkerungsreichste Land überholen. Das im Aufbruch befindliche Land hat gemäss Klimarat eine vorbildlich tiefe CO2 Bilanz von weniger als 2 Tonnen pro Kopf. Damit irgendeine Diskussion in Paris überhaupt Sinn macht, dürfte Indien den Wert von 3 Tonnen CO2 pro Kopf nie überschreiten. Das heisst nichts anderes, als einer Milliarde Menschen den Zugang zu billiger Energie zu verwehren. Andere Entwicklungs- und Schwellenländer sind gleichermassen betroffen.

Das Klima mit CO2-Reduktionen zu retten ist ein sehr langfristiges und diffuses Konzept. Nicht einmal die IPCC Päpste behaupten, dass eine Halbierung der Treibhausgase innerhalb dieses Jahrhunderts eine messbare Wirkung haben wird. Natürlich ist das Verbrennen der fossilen Rohstoffe nicht nachhaltig. Die ganze Menschheit ist nicht nachhaltig seit vor zweihundert Jahren die 1 Milliarden Grenze überschritten wurde. Der Planet wird systematisch übernutzt. Gegenwärtig wächst die Bevölkerung alle zwölf Jahre um eine weitere Milliarde. Die romantischen Zeiten in welcher der Mensch im Gleichgewicht mit der Natur lebte, sind längst vorbei. Windmühlen und PV Dächer werden alleine nie Abhilfe schaffen. Da sind Quellen höchster Energiedichte und Dauerleistung wie Kernkraftwerke unverzichtbar. China macht es vor.

In Bangladesh werden die Näherinnen unsere Kleider sicher nie an wind- und sonnenbetriebenen Maschinen nähen. Dann könnten die Fabrikanten ihnen gar keine Löhne mehr zahlen. Ein Riesenfortschritt wäre schon, wenn die Fabrik von Kohle- auf Gasstrom umstellen würde. Das wäre dann unserer Beitrag zur Treibhausgasreduktion im Ausland.

Ich empfehle jedem 2000 Watt Visionär einen mindestens einjährigen Arbeitsaufenthalt in einem der aufstrebenden Länder. Selbstverständlich ohne goldenen Fallschirm mit Heimflug. Ich garantiere, dass er sich die hehren Illusionen einer Eintonnen-, einer 2000 Watt- und wie sie alle noch heissen-Gesellschaft, sehr schnell abschminken wird. Ich war der Ansicht, dass wir die Zeiten utopischer Planwirtschaften endgültig hinter uns hatten. Bei der schweizerischen Energie- und Klimapolitik kommen mir berechtigte Zweifel.

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AuthorMarkus Häring