publiziert in der Basler Zeitung am 8. Juli 2016

Man braucht es nicht zu wiederholen. Das ­Ausmass des Rohstoffverbrauchs, um unsere ­zivilisatorischen Errungenschaften zu erhalten, und vor allem, um diese Errungenschaften der viel grösseren Mehrheit der Menschheit ebenfalls zugänglich zu machen, ist besorgniserregend. Mit dem industriellen Aufstieg der Schwellenländer hat sich der Rohstoffverbrauch in den letzten ­vierzig Jahren vervielfacht. Und er wird noch viel mehr ansteigen, sollte die Energiepolitik Deutschlands Schule machen. Der Ausstieg Deutschlands aus der Kernenergie hin zu einer wind- und solar- dominierten Energieversorgung hat trotz un­übersehbarer Verspargelung und Verspiegelung des Landes zu keiner CO2-Reduktion geführt, obwohl Klimaschutz der Treiber der Energiewende sein sollte. Solch eklatante Fehlentwicklungen müssen hinterfragt werden. 

Bei begrenzten Ressourcen gilt es diejenigen mit der höchsten Energiedichte zu gebrauchen. Das ist ein Gebot der Effizienz. Das Argument, dass Sonne und Wind unbegrenzte Ressourcen seien und sich diesem Gebot nicht zu unterstellen haben, ist verführerisch, aber falsch. Denn diese Formen der Energiegewinnung verbrauchen pro nutzbare Kilowattstunde viel mehr Platz und vor allem viel mehr Rohstoffe als ­herkömmliche ­Energieträger. Der Bedarf an ­kostbaren Erzen und seltenen Erden für die Bereitstellung von ­Batteriespeicherkapazität könnte von einem Land wie Deutschland oder der Schweiz genauso wenig selbst gedeckt ­werden wie der Bedarf heutiger Energie­rohstoffe. Im Gegensatz zu Kohle, Öl und Gas könne man aber die benötigten Metalle, ­Verbundstoffe und chemischen Produkte nach Gebrauch immer wieder rezyklieren. Das stimmt. Der Energieverbrauch dafür ist jedoch so gross, dass am Schluss nochmals zusätzliche Energie bereitgestellt werden muss. Die Energieversorgung beginnt ihre eigene Leistung aufzufressen. Die Rechnung geht nicht auf. Das Stichwort ist Energy returned on Energy invested (ERoEI).

Und das alles im Namen der Klimarettung. Aus den berühmten Vostok-Eiskernen ist sehr wohl bekannt, dass Temperaturanstiege des Erdklimas in den letzten vierhunderttausend Jahren immer einhergingen mit Zunahmen der CO2-Konzentration. Allerdings hinkten die CO2-Konzentrationen dem Temperaturverlauf nach, insbesondere in Abkühlungsphasen. Das ist kein Widerspruch zur These, dass CO2 ein Temperaturverstärker sei, allerdings ein klares Indiz, dass CO2 nicht der ­entscheidende Treiber ist. Das Einzigartige der heutigen Situation ist, dass die CO2-Konzentration zum ersten Mal dem Temperaturanstieg vorausgeht, und zwar so hoch wie nie zuvor. Eine CO2- Reduktion macht deshalb Sinn, auch in Anbetracht der Endlichkeit fossiler Brennstoffe. Doch Klimaalarmismus führt zu nichts anderem als unbedachtem Handeln und Fehlleistungen.

Auf hochwertige Energie werden wir nie ­verzichten können. Unsere Zivilisation baut ­darauf auf. Bis heute ist das durch Verbrennen von Kohle, Öl und Gas gesichert. Die nächsthöheren Stufen der Energiedichte sind die Kernspaltung und schliesslich die Kernfusion. Nicht sonderlich populäre Techniken, aber aus Sicht der Ressourcenschonung unseres einzigen Planeten eine ­logische Folge. Anlagensicherheit und Vermeidung langlebiger Abfälle sind eine grosse Herausforderung. Ein Verbot kann nicht die Antwort sein. Wer so kurzsichtig denkt und glaubt, alleine mit Sonne und Wind die Welt zu retten, hat seine Hausaufgaben wahrlich nicht gemacht.

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AuthorMarkus Häring

publiziert in Basler Zeitung vom 15. 1. 2016

Das Jahr 2015 geht vermutlich als wärmstes Jahr seit Messbeginn in die Geschichte ein. Die ­Bestätigung steht noch aus. Die Auswertung und Kalibrierung der Daten ist bei allen Variationen der unterschiedlichsten Wetterphänomene um den Globus keine simple Sache. Schlussendlich geht es um einen Bruchteil eines Grades, ob dem so sei oder nicht. Die Variation der Wetterphänomene und Temperaturausschläge ist so gross und das weltweite Monitoringsystem ist so stark gewachsen, dass sich auf der Welt jeden Tag irgendwo ein Extremwert finden lässt. 

Die Daten am Schluss in eine einzige Grösse, einen globalen Temperaturtrend einzubinden, ist an sich schon fragwürdig. Der statistische Trend wird dann in zahllosen Studien verwendet, um unter anderem auch die Bedrohung der ­Artenvielfalt auszumalen. Die Fokussierung auf den Klimawandel als Ursache allen Übels führt zu einem gefährlichen Ausblenden wesentlich dringender Probleme. 

Nehmen wir nur einmal die uns vertraute Pflanzenwelt. Pflanzen wachsen dort, wo es ihnen am besten behagt, jede Art kennt ein klimatisch optimales Umfeld. Die meisten Arten ertragen eine grosse Klimavariabilität. Schliesslich können sie ihren Standort nur durch Fortpflanzung ändern und müssen als Individuen warme und kalte sowie nasse und trockene Jahre überstehen. Die Temperaturvariabilität aufeinanderfolgender Jahre und Jahreszeiten ist um ein Mehrfaches grösser als die schleichende Klimaerwärmung. Eine Verschiebung der Vegetationszonen in höhere Breitengrade oder in topografisch höher liegendes Terrain ist seit dem Ende der letzten ­Eiszeit vor 15 000 Jahren zu beobachten. 

Es lässt sich nun endlos darüber streiten, wie stark der anthropogene Einfluss auf dieses ­Phänomen ist. Völlig ausser Acht gelassen wird, dass der direkte Eingriff des Menschen in die ­Biosphäre bereits eine um Grössenordnungen stärkere Veränderung des Planeten zur Folge hat als der Klimawandel. 

Alleine das Einschleppen von Neophyten und Neozoen, also Pflanzen und Tieren aus anderen Weltregionen, hat erkennbar grössere Aus­wirkungen als ein Klimawandel um zwei Grad. Andere Belastungen wie die Überfischung der Meere oder die Gewässerverschmutzung seien noch gar nicht angesprochen. Die Artenvielfalt ist nicht durch den Klimawandel bedroht. Die Natur wird sich immer anzupassen wissen. Ob es unsere Gesellschaft kann, steht auf einem ganz andern Blatt. 

Wie in Paris soeben beschlossen wurde, soll die Klimaerwärmung bis Ende des Jahrhunderts nicht über zwei Grad ansteigen. Das ist schlicht eine Anmassung gegenüber dem Klima- und ­Ökosystem Erde. Da wird ernsthaft suggeriert, dass sich mit der Reduktion eines einzigen ­Moleküls, des CO2, das ganze System steuern lasse. Eine solch sträfliche Verkürzung führt unweigerlich zu Fehlentwicklungen. Auch wenn es richtig ist, von der einseitigen Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen wegzukommen, wird das die Welt noch lange nicht retten. Wenn wir uns jetzt alleine darauf stürzen, CO2 zu vermeiden, ohne Rechenschaft abzulegen, ob wir damit nicht andere Schäden anrichten oder noch wertvollere Ressourcen plündern, haben wir wahrlich ein ­Problem. Ob es in unseren Wäldern aufgrund der Klimaerwärmung bald mehr Eichen als Tannen haben wird, empfinde ich auf jeden Fall nicht als Bedrohung.

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AuthorMarkus Häring

Heute ging ich an die Swissbau um mich über die neusten Trends der Bauindustrie zu informieren. Für eine nachhaltige Energiezukunft kommt gemäss der bundesrätlichen Energiestrategie dem Bausektor eine zentrale Rolle zu. Nirgends soll das Einsparpotential so gross sein wie beim Gebäudepark. Deshalb sind auch sämtliche Agenturen für nachhaltiges Bauen, erneuerbare Energien und Energeieffizienz, Minergie etc. prominent vor Ort vertreten. Das Motto, respektive die Frage des diesjährigen Swissbau Focus ist: Rettung durch Technik?

 

Ohne einen einzigen Vortrag der Veranstalter besucht zu haben war meine Meinung nach einem kurzen Rundgang durch die Hallen der Haustechnik klar: Nein. Was hier an innovativer und komplexer Technik angeboten wird ist phantastisch und faszinierend. Wohnen wird immer schöner, wohliger, perfekter. Technik wird unseren Wohnkomfort noch in ungeahnte Höhen steigern, und das schnöde Verbrennen von Heizöl im Keller wird effektiv abnehmen. Trotzdem werden wir uns von den Zielen der Energiewende weiter den je wegbewegen. Die Abhängigkeiten mit solch komplexer Haustechnik, wird in einem Mass zunehmen, dass wir in keiner Sekunde mehr auf eine gesicherte Energiezufuhr, ich spreche von Strom, verzichten können.

Welch gigantischer Weg sind wir in den letzten paar hundert Jahren – vor allem im letzten Jahrzehnt – gegangen, vom einfachsten Hausbau, man denke an die funktionalen Alphütten, bis zu den heutigen hightech Wohnmaschinen, vollgepflastert mit Solarpanelen, Isolationen, Steuer- und Regelgeräten, Zwangsentlüftungen, automatischen Beschattungsanlagen und vollautomatisierten Küchen, in welchen nur noch das Essen von Hand geschieht. Über Kabel oder noch besser drahtlos ist alles miteinander verbunden, das internet of things hat in unseren Haushalten definitiv Einzug gehalten.

Alles wunderbar, wenn da nicht der kleine Haken wäre, dass dies ohne Strom alles zusammenbricht. Das war bei der Alphütte nicht der Fall. Mit kleverer Speichertechnik lässt sich das natürlich alles lösen. An wievielen Orten habe ich an der Swissbau das Wort Nachhaltigkeit und Resilienz gehört? Ich weiss es nicht mehr. Ich weiss nur, das was ich gesehen habe, war weder nachhaltig noch resilient. Um letzteres verständlich zu machen: Robust, dauerhaft und anpassungsfähig. Kein Produkt in der Haustechnik, das ich gesehen habe wird eine Lebensdauer von mehr als zehn Jahren haben. Die meisten Gerätchen, Servos, Pümpchen, Steuerungen und Apps werden schon lange vorher veraltet sein und mit Neuentwicklungen nicht mehr kompatibel betrieben werden können, falls sie nicht schon vorher durch einen Funktionsfehler ausgestiegen sind. Das ist das pure Gegenteil von nachhaltigem Bauen. Ich war erschüttert. Alleine die Komplexität der Produkte selbst bedingt hochentwickelte Fertigungsprozesse die ihrerseits energie- und ressourcenintensiv sind. 2000 Watt Gesellschaft ade. Selbstverständlich will niemand mehr zurück, um mit einer Axt eine Holzhütte zu bauen. Die Bauwirtschaft und die gesamte Zulieferindustrie machen einen gesunden Eindruck, das Geschäft läuft gut. Nur den Zielen der Nachhaltigkeit scheint niemand zu folgen. Ich wollte das Wort schizophren eigentlich vermeiden, aber nach zwei Stunden an der Messe schien es das einzig zutreffende zu sein. Die Messe wird übrigens in einer Stadt abgehalten, die sich zum Ziel gesetzt hat, seine Bürger nur noch eine Tonne CO2 pro Jahr generieren zu lassen. Die 0.4 Tonnen, welche man mit der Atmung produziere dürfe man dem Vernehmen nach noch separat verrechnen.

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AuthorMarkus Häring